Trotz ausgedehnter Forschungsbemühungen konnte bislang nicht abschließend geklärt werden, warum sich bei einigen Menschen eine chronisch entzündliche Darmerkrankung ausbildet und bei anderen nicht. Einig sind sich die Wissenschaftler darüber, dass es zu einem Zusammenwirken mehrerer unterschiedlicher Faktoren kommt, wobei genetische Veranlagung und (bisher weitgehend unbekannte) Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Die Erkrankung ist nicht infektiös, d.h. nicht ansteckend. Ganz wesentlich scheinen Veränderungen im Bereich der Darmflora (Mikrobiom) zu sein. In unserem Dickdarm lebt eine kaum vorstellbare Zahl an Bakterien (wir haben 10mal mehr Bakterien im Darm, als wir eigene Körperzellen haben). Gegen zu viele und schädliche Darmbakterien wehrt sich der Körper durch die Ausschüttung von Abwehrstoffen, die in der Schleimschicht (Mukus) auf der Oberfläche der Schleimhaut eine schützende Schicht bilden. Im Vergleich zu Gesunden ist diese Schleimschicht bei Patienten mit Colitis ulcerosa zu dünn und kann ihre Abwehrfunktion nicht optimal ausfüllen. Darmbakterien können in die Darmschleimhaut eindringen und zu Entzündungsreaktionen durch die Aktivierung des darmeigenen Immunsystems führen. Eine erbliche Veranlagung bewirkt zusätzlich, dass die Abwehrfunktion der Schleimhaut für Darmbakterien unzureichend funktioniert. Da gerade in den letzten 50 bis 100 Jahren die Patientenzahlen in den westlichen Industrieländern stark angestiegen sind, vermutet man einen Zusammenhang zwischen Umweltfaktoren (z. B. Nahrung) und Vererbungsfaktoren sowie einen maßgeblichen Einfluss einer veränderten Darmflora, die entsprechende entzündliche Reaktionen im Darm des Patienten auslösen.
Bekannt ist für den M. Crohn, dass Rauchen einen negativen Einfluss auf die Erkrankung hat. Es konnte in Studien nachgewiesen werden, dass der Nutzen des Beendens des Nikotinkonsums vergleichbar ist mit der Wirkung einer herkömmlichen medikamentösen Behandlung des M. Crohn! Daher ist es von großem Nutzen, das Rauchen aufzugeben!
Die Colitis ulcerosa zählt neben dem Morbus Crohn zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Sie tritt mit 5–10 Neuerkrankungen in einem Jahr pro 100.000 Einwohner und Jahr eher selten auf, insgesamt gibt es ungefähr 100–200 Betroffene pro 100.000 Einwohner. Männer und Frauen erkranken gleich häufig. Hauptsymptom sind schleimig blutige Durchfälle, häufig begleitet von Bauchschmerzen. Typischerweise kommt es gehäuft zu einem ersten Ausbruch der Erkrankung im Kinder-, Jugend- oder jungen Erwachsenenalter (ca. 15.–35. Lebensjahr). Die Erkrankung wird auch in höherem Alter zwischen 65–85 Jahren diagnostiziert. Darüber hinaus tritt die Erkrankung regional sehr unterschiedlich auf: auf der Nordhalbkugel der Welt und in hochindustrialisierten Ländern erkranken deutlich mehr Patienten an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen als auf der Südhalbkugel der Welt und in unterentwickelten Ländern.
Die Colitis ulcerosa ist durch eine Entzündung des Dickdarmes (Colitis) mit der Ausbildung von Geschwüren gekennzeichnet. In seltenen Fällen ist nicht nur die Schleimhaut des gesamten Dickdarmrahmens erkrankt, sondern auch die letzten 10–20 cm des unteren Dünndarmes (terminales Ileum). Man spricht dann von einer„Backwash-Ileitis“. Die Entzündung im Dickdarm beginnt nahezu ausnahmslos im Enddarm (Rektum) und breitet sich häufig in weiteren Teilen des Dickdarmes in Richtung Ileozökalklappe (Klappe zwischen letztem Teil des Dünndarmes und Dickdarm) aus. Die Colitis ulcerosa kann sehr verschieden verlaufen. Die Erkrankung tritt meist in Schüben auf, das heißt neben entzündungsfreien Phasen (Remission) kommt es in unregelmäßigen Intervallen (Wochen bis Jahren) zu akuten Entzündungsschüben. Die Dauer und Häufigkeit von Schüben ist schlecht vorhersehbar. Da die Colitis ulcerosa eine chronische Erkrankung ist, besteht sie meist über lange Zeit, oft ein Leben lang, wobei sich die Lebenserwartung statistisch nicht von „gesunden“ Menschen unterscheidet. Bei einigen Patienten ist die Erkrankung kaum ausgeprägt, d.h. die Patienten sind lange ohne Krankheitszeichen und brauchen kaum oder keine Medikamente einzunehmen. Bei anderen kommt es immer wieder zu akuten Krankheitsschüben. Gerade in diesem Fall sollten die Patienten eine enge Betreuung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Magen-Darm-Erkrankungen (Gastroenterologe/Gastroenterologin) anstreben, um möglichst optimale Behandlungsmethoden zu finden.
Der Morbus Crohn ist eine chronisch verlaufende entzündliche Erkrankung des Magen-Darm-Traktes. In Europa gibt es bis zu 320 Betroffene pro 100.000 Einwohner; die Neuerkrankungsrate liegt jährlich bei etwa 13 Fällen pro 100.000 Einwohner. Insgesamt nimmt die Anzahl der Erkrankungen weltweit, insbesondere auch in den asiatischen Ländern, zu. Typischerweise beginnt die Erkrankung im jungen Erwachsenenalter (im zweiten bis dritten Lebensjahrzehnt). Sie kann jedoch auch bereits in der Kindheit (etwa 25% der Patienten erkranken vor dem 18. Lebensjahr) oder erst im höheren Lebensalter (sechstes bis siebtes Lebensjahrzehnt) auftreten.
Der Morbus Crohn betrifft meist einzelne Abschnitte des Magen-Darm-Trakts. Am häufigsten ist jedoch der Übergang vom Dünn- zum Dickdarm betroffen (Ileitis terminalis). Oft kommt es auch zu einer Entzündung im Bereich des Darmausganges (Afters) mit Entwicklung von entzündlichen Gängen (Fisteln) und Eiterhöhlen (Abszessen) in dieser Region. Ein Befall der oberen Abschnitte des Magen-Darm-Trakts ist bei Erwachsenen selten.
Die Krankheit weist einen insgesamt sehr unterschiedlichen Spontanverlauf auf. Bei knapp 50 % der Betroffenen kommt es nach entzündlicher Aktivität im ersten Krankheitsjahr zu einem zunehmenden Abfall der Intensität der Entzündung im weiteren Verlauf. Etwa ein Viertel der Patienten leidet unter kontinuierlichen Symptomen, etwa ein Drittel leidet unter immer wieder auftretenden Schüben. Unbehandelt führt die Erkrankung im längeren Verlauf zu einer Zunahme von narbigen Engstellen im Darmtrakt, so dass viele der Patienten langfristig operiert werden müssen. Möglicherweise kann dieser Verlauf durch eine konsequente medikamentöse Therapie günstig beeinflusst werden; in einigen Fällen kann eine frühzeitige operative Behandlung aber auch den M. Crohn dauerhaft ausheilen.
Wir bieten Ihnen als Patientin oder Patient mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung in unserer gastroenterologischen Schwerpunktpraxis eine langfristige Begleitung an und besprechen mit Ihnen gerne eine individualisierte Behandlung - natürlich unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse und Fortschritte der Wissenschaft. In diesem Rahmen können Sie ebenfalls auf unsere gute Vernetzung mit spezialisierten Zentren zurückgreifen - wenn es darum geht, Sonderprobleme, die im Erkrankungsverlauf Ihrer chronisch entzündlichen Erkrankung auftreten können, zu lösen.